Projekt Beschreibung
Nah dran am Kunden – das ist leider nicht immer ganz einfach. Hilfreich kann hier die Entwicklung einer Customer Journey sein. Was genau dahinter steckt, wofür man sie braucht und wie Sie eine Customer Journey Map für Ihr Unternehmen entwickeln, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Der Begriff Customer Journey, auch Kundenreise, Users oder Buyers Journey, ist ein Begriff des Marketings. Dahinter steckt ein Ansatz zur Erarbeitung einer ganzheitlichen, nutzerzentrierten (Online-)Marketing-Strategie. Wie der Name bereits vermuten lässt, beschreibt die Customer Journey die Reise eines (potenziellen) Kunden vom ersten Kontakt bis zum Kauf eines Produktes oder einer vergleichbaren, vorab definierten Handlung (z.B. eine Registrierung, Bestellung oder Anfrage). Jede Kundenreise berücksichtigt alle Berührungspunkte (Touchpoints) des Kunden mit der Marke, dem Produkt oder der Dienstleistung, die er bis zur Zielhandlung (Conversion) hatte. Zur besseren Übersicht wird die Customer Journey üblicherweise in Form einer Customer Journey Map visualisiert. Für jede Reise braucht es schließlich eine Karte, um zu wissen, wo es lang geht. Gleiches gilt auch für die Online-Marketing-Strategie eines Unternehmens. Eine einzelne Customer Journey nimmt von Minuten bis hin zu Wochen oder oft sogar Monaten in Anspruch und setzt sich nicht selten aus mehreren hunderten Touchpoints zusammen. Die Entwicklung einer Customer Journey kostet entsprechend einiges an Zeit und Ressourcen. Hat man sie jedoch einmal entwickelt, ist sie ein mächtiges Tool, um die Bedürfnisse und das Verhalten von Kundinnen und Kunden besser nachzuvollziehen und so letztlich den eigenen Unternehmenserfolg zu steigern.
Wie im strategischen Marketing üblich existieren unterschiedliche Modelle der Customer Journey. Allen gemeinsam ist, dass sie in verschiedene Phasen geteilt sind. In der Regel besteht eine Kundenreise aus etwa vier bis fünf Phasen. Alle Ansätze basieren weiterhin auf der Annahme, dass die Entscheidung des Kunden einen Kauf zu tätigen in den meisten Fällen nicht unmittelbar nach Erstkontakt getroffen wird. Diese Hypothese gilt insbesondere für besonders hochpreisige Artikel oder Dienstleistungen. In den meisten Fällen kommt der Kunde also mehrfach mit der Marke oder dem Produkt in Kontakt, bevor er sich dazu entscheidet zu handeln. Diese Kontaktpunkte oder Momente nennen sich Touchpoints. Touchpoints lassen sich, teilweise mehrfach, auf die verschiedenen Phasen des jeweils gewählten Customer Journey Modells verteilen. Nachfolgend sollen einige dieser Modelle kurz vorgestellt werden. Welches Sie schließlich anwenden möchten, ist Ihnen überlassen und je nach Unternehmen stets individuell festzulegen.
Das klassische Customer Journey Modell unterscheidet fünf verschiedene Phasen:
- Awareness/Aufmerksamkeit (Interesse wird geweckt)
- Consideration/Abwägung/Informationsbeschaffung (Interesse wird konkretisiert)
- Conversion/Purchase (Kaufentscheidung wird getroffen)
- Retention (erste Erfahrungswerte werden gesammelt)
- Advocacy (Erfahrungswerte werden mit anderen geteilt)
Diese Phasenaufteilung ist angelehnt an das bekanntere AIDA-Modell, welches die als Werbewirkungsprinzip folgenden Stufen beinhaltet:
- Attention – Information
- Interest – Spezifikation
- Desire – Anbieterselektion
- Action – Anbieterauswahl – Close Phase
Für das klassische Customer Journey Modell wurden die Punkte Retention (Beibehaltung aufgrund zufriedenstellender, erster Erfahrungen) und Advocacy (Befürwortung aufgrund positiver Customer Experience) den AIDA-Elementen angehangen. Grund dafür ist die Annahme, dass die Customer Journey nicht mit der initialen Kaufentscheidung abgeschlossen ist, sondern auch darüber hinaus nachwirkt. Idealerweise wird die Customer Journey also als sich wiederholender Kreislauf verstanden, die einen Kunden auch über die Zielhandlung hinaus nicht aus den Augen verliert. Entsprechend dieser Annahme wird der Phasenablauf der Customer Journey zeitweise noch um Elemente wie Pre-Awareness (Vorstufe zur Aufmerksamkeit) und Preference (Präferenz) erweitert oder weiter differenziert. So zum Beispiel im Modell von Aufgesang. Weitere nennenswerte Customer Journey Modelle sind der Moments of Truth Ansatz, entwickelt von Procter & Gamble sowie Aldo Cundaris Customer Purchase Journey.
Touchpoints
Touchpoints sind Kontakt- oder Berührungspunkte zwischen Unternehmen und einem (zukünftigen) Kunden. Dazu zählen auch Interaktionen, die nicht durch das Unternehmen selbst angestoßen werden. Neben redaktionellen Inhalten und Werbung ist vor allem auch das Produkt selbst ein denkbarer Berührungspunkt. Selbst die (Unternehmens-)Kommunikation nach innen und außen spielt als Kanal eine bedeutende Rolle. Berührungspunkte existieren offline, aber vor allem und mittlerweile in erster Linie online. Im Digitalen lassen sich mögliche Berührungspunkte mithilfe verschiedenster Web-Analyse-Tools (wie Google Analytics) sehr gut bestimmen und tracken. Anders sieht dies bei Kanälen und Formaten der klassischen Werbung aus. Hier wird meist versucht über QR-Codes oder Kunden-Apps existierende Offline-Touchpoints zumindest in Teilen auch online sichtbar zu machen. Zur Ermittlung und Bewertung von Touchpoints werden neben den gängigen Online-Tools auch verschiedenste Marktforschungsinstrumente wie Umfragen oder Fokusgruppen eingesetzt. Weitere Kanäle bzw. Formate, die als Touchpoints zwischen Kunden und Unternehmen wirken sind:
- Social Media
- Suchmaschinenoptimierung und -werbung
- E-Mail-Marketing (Newsletter)
- Sampling und Promotion
- Influencer /-innen
- Messen und Events
- klassische Werbung (Print, TV und Rundfunk)
- Foren und Bewertungsportale
- persönliche Empfehlungen durch Familie, Freunde und Bekannte
- etc.
Welche Touchpoints ein Unternehmen konkret bedient ist in der Regel individuell.
Eine Customer Journey offenbart Verhaltensmuster und Motive von Kundinnen und Kunden. Sie hilft dabei ihre Präferenzen und ihren Habitus besser zu verstehen, in dem sie das gesamte Kundenerlebnis (Customer Experience) abbildet. Ihr Ziel ist es den Wünschen und dem Verlangen Ihrer Kunden an jeder Station Ihrer Reise mehr als nur gerecht zu werden. Maßgeblich sollte der Kunde stets zur rechten Zeit den passenden Inhalt auf dem idealen Kommunikationskanal bekommen. Die Entwicklung, Visualisierung und Analyse der individuellen Customer Journey Ihrer Kunden hilft dabei Optimierungspotenziale und -möglichkeiten aufzudecken. Diese Insights lassen sich anschließend auf Ihr Kommunikationskonzept übertragen. Denn nur so schaffen Sie eine ganzheitliche und zufriedenstellende Customer Experience.
Die Visualisierung, auch Mapping genannt, ist ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Customer Journey. Die grafische Darstellung der Kundenreise, die sogenannte Customer Journey Map, dient nicht nur der Nachvollziehbarkeit, sondern macht sie auch leichter beschreibbar. Dies ist hilfreich, denn je nach Umfang und Komplexität kann eine Customer Journey ungestützt nur schwer greifbar sein. Wichtig ist aber auch, dass es bei der Entwicklung und Visualisierung kein richtig oder falsch gibt. Ziel sollte in jedem Fall sein, alle Berührungspunkte mit dem Unternehmen vollständig und umfassend abzubilden. Dabei kann eine große Customer Journey Map für das gesamte Unternehmen angefertigt werden, oder eben mehrere kleinere für einzelne Produkte, Sortiments- oder Kundengruppen. Je nach Modell werden alle, idealerweise vorab ermittelten, Touchpoints den einzelnen Phasen des Modells zugeordnet. Touchpoints können vereinzelt auch an mehreren Stellen in Ihrer Customer Journey Map auftauchen. Anschließend kann es hilfreich sein die einzelnen Kontaktpunkte der Customer Journey genauer zu definieren (Werbemittel und -träger, Content, Keywords, etc.). Bestehen hier Informationslücken sollten diese unbedingt gefüllt und anschließend werden. Je konkreter die den Phasen zugeordneten Elemente definiert werden, desto nutzbarer wird die Customer Journey Map.
Zur Veranschaulichung ein stark vereinfachtes Beispiel für eine denkbare Customer Journey. Die Zahlen in Klammern markieren jeweils einen neuen Touchpoint. Eine Studentin sitzt im Hörsaal und ist hungrig. Sie entscheidet sich nach ihrer Vorlesung in den an der Uni gelegenen Supermarkt zu gehen, um sich einen Müsliriegel zu kaufen. Auf dem Weg zum Supermarkt kommt Sie an einer Plakatwand (3) vorbei, die den neuen Müsliriegel des Herstellers Vitariegel bewirbt. Sie erinnert sich daran, dass sie vor kurzem bereits einen Post auf Facebook zum neuen Riegel gesehen hat (2) und das ihre beste Freundin schon eine ganze Weile von den Riegeln von Vitariegel schwärmt (1). Im Supermarkt angekommen, läuft die Studentin gezielt auf das Verkaufsregal mit den Müsliriegel zu. Dort fällt ihr das Display für die neuen Vitariegel sofort auf (4) und sie entscheidet sich den Riegel mit der Geschmackssorte “Cookie & Cranberry” zu kaufen (Zielhandlung/Conversion). Auf dem Weg zum nächsten Seminar, trifft die Studentin auf einen Kommilitonen, und der spricht sie auf den Müsliriegel an. Der Studentin schmeckt der Riegel gut, was sie Ihrem Kommilitonen auch mitteilt (1). Bei der nächsten Sampling-Aktion (2) der UNICUM Wundertüte an der Hochschule der beiden freut sich der Kommilitone besonders über den gratis Müsliriegel von Vitariegel in einer neuen Geschmacksrichtung, die er bisher noch nicht probiert hat.
Natürlich handelt es sich hierbei um ein stark vereinfachtes Beispiel einer Customer Journey.
Es sollte jedoch deutlich geworden sein, dass jeder Kontaktpunkt letztlich zur finalen Kaufentscheidung beiträgt und häufig auch einen Kreislauf und somit weitere Customer Journeys bedingt. In der Realität sind diese aber selbstverständlich weitaus komplexer. Ähnlich unserem Beispiel haben wir daher einen Prototyp einer Customer Journey Map erstellt, die Ihnen eine erste Skizzierung Ihrer Customer Journey(s) ermöglicht. Ergänzt wird diese durch unsere Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Entwicklung einer Customer Journey im folgenden Absatz.
Die Entwicklung einer Customer Journey für Ihr Unternehmen lässt sich nicht von heute auf morgen realisieren. Nehmen Sie sich daher ausreichend Zeit die folgenden Prozessschritte abzuarbeiten.
Schritt 1: Informationen zusammentragen
Der erste Schritt zur Entwicklung Ihrer Customer Journey ist die Informationsbeschaffung. Setzen Sie dafür auf Daten aus internen und externen Quellen. Sollten Sie über Möglichkeiten zur Marktforschung verfügen, können Sie auch quantitative und qualitative Erkenntnisse aus diesen Aktivitäten zurate ziehen.
Hier einige Beispiele für relevante, interne wie externe Datenquellen:
Schritt 2: Entwicklung sogenannter Personas
Nachdem Sie alle wichtigen Informationen gesammelt und gesichtet haben, sollten Sie bereits einen groben ersten Überblick über das Verhalten Ihrer Kunden gewonnen haben. Eventuell zeichnen sich bereits Muster und Zusammenhänge ab. Diese sollten Sie nun dazu nutzen, Personas zu entwickeln. Personas sind im Grunde so etwas wie Prototypen für Ihre Zielgruppe(n). Sie übertragen demnach konkrete Merkmale einer Ihrer Zielgruppen auf eine fiktive Person, der sie die zentralen Eigenschaften zuschreiben. Üblicherweise gehören dazu die folgenden Merkmale:
- Demografie (Alter, Wohnort, Geschlecht, etc.)
- Art der Beschäftigung
- Karrierelevel
- Herausforderungen (Pain Points)
- Informationsverhalten
- Wertvorstellungen
- Ziele und Motive
- u.v.m.
Je mehr Merkmale Sie an dieser Stelle festlegen können, umso besser. Versuchen Sie sich so gut es geht in die Perspektive Ihrer Kunden hineinzuversetzen und auch dessen Emotionen mit in Betracht zu ziehen. Nur so erhalten Sie die notwendigen Insights für ein tiefergehendes Verständnis Ihrer Zielgruppe und dem einzelnen Kunden.
Schritt 3: Touchpoints und Kanäle (Channels) ermitteln
Im dritten Schritt werden die für Ihr Unternehmen relevanten Kanäle und insbesondere einzelnen Touchpoints ermittelt. Klären Sie für sich, an welchen Punkten Ihr Kunde mit Ihrem Unternehmen in Berührung kommt. Nehmen Sie dazu sowohl online als auch offline Berührungspunkte in den Blick. Beispiele können an dieser Stelle eine erste Orientierung bieten, sollten aber nicht einfach übernommen werden. Seien Sie ehrlich darüber, welche Kanäle und Formate in Ihrem Unternehmen derzeit tatsächlich eingesetzt werden. Halten Sie auch erste Analysebemerkungen für sich fest: Welche Touchpoints sind besonders effizient, erfolgreich oder von besonderer Bedeutung für Ihr Unternehmen? Auf welche könnten sie ggf. verzichten? Fehlt es vielleicht an der ein oder anderen Stelle an zusätzlichen Touchpoints? Auch bei der Ermittlung der Touchpoints gibt es, wie bei der Konzeptionierung der Customer Journey an sich, kein richtig oder falsch. Wie viele und wie konkret Sie die Touchpoints für Ihr Unternehmen letztlich aufführen, hängt immer auch von dem Zweck ab, den Sie mit Ihrer Customer Journey bzw. Ihrer Customer Journey Map verfolgen.
Schritt 4: Visualisierung
Die wichtigsten Informationen sind zusammengetragen, jetzt geht es darum, sie in eine grafische Form zu bringen. Dazu benötigen Sie neben der Beschreibung Ihrer Personas vor allem die Auflistung Ihrer Touchpoints. Je nachdem für welches Modell Sie sich entschieden haben, listen Sie nun dessen einzelnen Phasen im Zeitverlauf auf. Es entsteht eine Zeitachse an denen Sie die ermittelten, in der jeweiligen Phase relevanten Berührungspunkte notieren. Bei Unsicherheiten nutzen Sie Beispiele einer Customer Journey Map zur ersten Orientierung. Berücksichtigen Sie in Ihrer Customer Journey Map nach Bedarf gerne auch die emotionale Bewertung und Relevanz der einzelnen Touchpoints. Verwenden Sie dazu beispielsweise aus Kundenbefragung gewonnene Daten und nehmen Sie dabei unbedingt die Perspektive des Kunden ein. Andernfalls verfälschen Sie das Ergebnis. Am Ende sollten Sie alle Touchpoints auf die verschiedenen Phasen verteilt und somit eine visuelle Darstellung Ihrer Customer Journey erstellt haben.
Schritt 5: Customer Journey analysieren und ggf. erweitern
Ihre finalisierte Customer Journey Map können Sie anschließend näher analysieren. Gibt es beispielsweise Phasen in denen nur wenige Berührungspunkte vorliegen? Denken Sie hier darüber nach zusätzliche Kontaktpunkte einzubauen. Behalten Sie hier aber in jedem Fall Ihre verfügbaren Ressourcen im Überblick. Ein Touchpoint der nicht zufriedenstellend bedient werden kann, ist wenig förderlich für Ihren Unternehmenserfolg. Werfen Sie auch einen Blick auf Ihre Wettbewerber /-innen. Welche Kanäle oder Touchpoints bedienen diese Unternehmen und lohnt es sich diese ebenfalls in Ihre Customer Journey zu integrieren? Konnten Sie auch Daten oder Umfragen zur Kundenzufriedenheit berücksichtigen und haben Sie Hinweise darauf gefunden, dass ein Touchpoint Ihre Kunden nicht zufriedenstellt? Dann ist dies ein gutes Indiz hier anzusetzen und zu optimieren. Arbeiten Sie mit Ihrer Customer Journey Map und analysieren, erweitern und reflektieren Sie sie regelmäßig.
Selbstverständlich hat auch das Customer Journey Modell seine Schwachstellen und Grenzen. Diese sind häufig vor allem der Komplexität einer Kundenreise geschuldet. Eventuell bestehende Bezüge von Daten und Touchpoints sind nicht immer eindeutig oder erkennbar – insbesondere, wenn es sich um große Datenmengen handelt. So ist beispielsweise die Zufriedenheit von Kunden ein Kernelement, welches es zu berücksichtigen gilt. Allerdings ist eine solche Erhebung mitunter nicht einfach und auch nicht auf einen spezifischen Kontaktpunkt des Kunden mit dem Unternehmen bzw. der Marke zurückzuführen. Dieser Umstand wird nur dadurch erschwert, dass immer mehr Nutzer /-innen eine Awareness für Datenschutz entwickeln und der Verarbeitung bzw. Nutzung Ihrer Daten kritisch gegenüberstehen. Trotz allem ist die Customer Journey bzw. eine Customer Journey Map ein mehr als wertvolles Tool für Ihre (Online-)Marketing-Strategie und wird es sicher auch noch eine Weile bleiben.